Optional sind in einer späteren zweiten Projektstufe weitere Straßenbahnstrecken denkbar. Ein hohes Verkehrspotenzial bei geringem zusätzlichem Bauaufwand verspricht eine kurze zweite Linie zwischen Hauptbahnhof, Mitte, Rotersand und Bahnhof Lehe. Diese könnte abschnittsweise die Gleise der ersten Linie mitnutzen und würde sämtlichen Busverkehr in der Innenstadt entbehrlich machen. Erwägenswert wären zudem weitere Abzweige, z.B. zum Klinikum Bremerhaven oder nach Langen. Für das Funktionieren des Straßenbahn-Einstiegszenarios sind diese Ergänzungen aber nicht notwendig.
An mehreren Haltestellen kann die Straßenbahn mit anderen Verkehrsmitteln verknüpft werden. Der wichtigste Knotenpunkt ist dabei der Hauptbahnhof, wo sie mit den verbleibenden Stadtbuslinien, den Regionalbussen und der Eisenbahn zusammentrifft.Eine zweite größere Verknüpfungshaltestelle ist im nördlichen Stadtgebiet sinnvoll, um dort die Buslinien aus dem nördlichen Umland an die Straßenbahn anzubinden. Dafür bietet sich der Bahnhof Speckenbüttel an, der im Schnittpunkt der Straßenbahn aus Leherheide und der Busse aus Langen liegt. Durch die Wiedereinrichtung eines Haltes für die Eisenbahn kann die Bedeutung dieses Knotens noch erheblich gesteigert werden, da dies für Fahrgäste aus dem nördlichen Stadtgebiet in Richtung Bremen, Cuxhaven und Hamburg erhebliche Reisezeitvorteile verspricht.
Straßenbahn für Bremerhaven
Bereits von einer einzigen langen Nord-Süd-Straßenbahnlinie können mehr als zwei Drittel aller Einwohner Bremerhavens unmittelbar profitieren. Wie würde diese Linie aussehen? Zweckmäßigerweise verbindet sie die Siedlungsschwerpunkte Leherheide, Lehe, Mitte und Geestemünde direkt miteinander. Weiter in Richtung Süden bietet sich dann entsprechend der Bevölkerungsdichte eine Verzweigung an: Ein Streckenast führt nach Wulsdorf bis an den Stadtrand, der andere nach Grünhöfe. Fast alle größeren Stadtteile werden von dieser Linienführung direkt berührt, die Fußwege zu den Haltestellen würden selten länger als zehn Minuten dauern. Gleichzeitig liegen die meisten wichtigen Einkaufs- und Verwaltungseinrichtungen sowie viele Arbeitsplatzschwerpunkte direkt an dieser Linie, aufgereiht wie an einer Perlenschnur. Es entsteht somit kein Torso, welcher erst nach der Vollendung weiterer, zeitlich unabsehbarer Projektstufen sinnvoll funktionsfähig wäre. Die Straßenbahn würde vielmehr vom Start weg einen großen Anteil des öffentlichen Verkehrsaufkommens an sich ziehen. Damit wäre die Infrastruktur von Beginn an wirtschaftlich ausgelastet.
Das südliche Pendant schließlich ist die Endstation des Wulsdorfer Streckenzweiges im Gewerbegebiet Bohmsiel. Dort kann neben einer Umsteigemöglichkeit zum regionalen Busverkehr auch ein Park+Ride-Platz angeordnet werden, um aus dem Umland kommende Autofahrer direkt an der Stadtgrenze zum Umsteigen zu animieren. Für den Standort Bohmsiel spricht dabei auch die Nähe zur Autobahnanschlussstelle Bremerhaven-Süd. Schließlich bieten sich viele Haltestellen innerhalb der Stadt zur Verknüpfung von Straßenbahn und Fahrrad an. Die flache Topographie Bremerhavens ist ideal dafür, den Einzugsbereich der Straßenbahn auf diese Weise konsequent zu vergrößern. An strategisch günstig gelegenen Standorten sind dafür attraktive Bike+Ride-Anlagen mit witterungsgeschützten und sicheren Fahrradabstellmöglichkeiten sowie Auflademöglichkeiten für Elektrofahrräder vorzusehen.
Der Netzentwurf baut darauf auf, dass die Kilometerleistung von Straßenbahn und weiterhin nötigen Buslinien zusammen etwa genauso groß ist wie die des heutigen Busverkehrs alleine. Aufgrund der größeren Kapazität der Straßenbahn kann so bei vergleichbarem Personalaufwand ein wesentlich höheres Platzangebot bereitgestellt werden und es entstehen genügend Reserven für steigende Fahrgastzahlen. Gleichzeitig lässt sich auf der Straßenbahn ein sehr attraktives Angebot herstellen, da sie die Mehrzahl der heutigen Nord-Süd-Buslinien unmittelbar ersetzt. Zwischen Leherheide und Geestemünde ist tagsüber ein 5-Minuten-Takt angesetzt. Dies entspricht zwölf Fahrten pro Stunden und Richtung. Heute sind es im Nord-Süd-Korridor insgesamt 20 Busfahrten pro Stunde und Richtung zuzüglich Verstärkerfahrten und Regionalbusse, so dass beim Ansatz vergleichbarer Kilometerleistung noch genügend Spielraum für Busverkehre entlang der parallelen Achsen über Rotersand und über die Stresemannstraße verbleibt. Im Süden werden die Straßenbahnäste nach Wulsdorf und Grünhöfe alternierend jeweils alle 10 Minuten bedient. Auch dort können die Fahrgäste ohne Fahrplankenntnis zu den Haltestellen gehen, ohne dass die Gefahr langer Wartezeiten besteht.